Für mich bestehen wir zu Teilen aus energetisch-geistigen Aspekten, wie unserer Psyche und uns als Seele, und zum Teil aus physischen Aspekten wie unserem Körper als Bewegungsapparat und den
Organen. Ersteres ist für die meisten Menschen nicht sichtbar und somit weniger greifbar. Der Körper hingegen ist sehr greif-, mess-, und wenn man so will, auch beweisbar. Aber vor allem sind die
energetisch-geistigen Aspekte in ihm sehr real erlebbar und werden somit auch greifbarer.
Da wir in der Psychotherapie u.a. mit der Psyche und somit dem Nicht-direkt-sichtbaren arbeiten, viele Menschen aber etwas sicht- und messbares brauchen, um darin vertrauen zu können, ist
es denke ich unterstützend diese "unsichtbare" Ebene so greifbar zu machen wie es eben geht. Und das passiert über das Erleben im physischen Körper in Form von Körperempfindungen, Gefühlen und
Gedanken. Dadurch können wir das, was in uns passiert leichter ordnen und darüber Verständnis erlangen. Meiner Erfahrung nach kann das Verstehen ein Aspekt des gelungenen psychischen
Genesungsprozesses sein.
Über den Verstand hinaus scheint es eine „weitere“ Intelligenz zu geben, die unser Leben oft unbewusst prägt. Nehmen wir zum Beispiel unser Bauchgefühl. Wir können es denk ich auch gut als Teil unserer Intuition bezeichnen, welche uns Impulse zur Verfügung stellt, die uns auf einen, dem Verstand nicht oder nur schwer zugänglichen, Weg verhilft, und dabei immer unser Wohlbefinden im Sinn hat. Es ist eine Intelligenz, bzw. Bewusstseinsform, die sich in erster Linie in Erfahrungsräumen zeigt. Also weniger in Räumen des rationalen, Gedanken- geprägten Verständnisses, sondern des Wahrnehmens, Fühlens und Erlebens. In dem einen, eher von Logik geprägtem Raum, entsteht überwiegend rationales Verstehen, in dem Raum des Erfahrens eher Bewusstheit. Beides ist stark miteinander verknüpft und in der therapeutischen Arbeit wichtig. Allerdings ist auf die Bewusstheit, bzw. Bewusstwerdung, im therapeutischen Selbsterfahrungsprozess meiner Erfahrung nach nicht zu verzichtet. Zumindest wenn man sich mehr in der Tiefe begegnen und die Dinge im Ursprung berühren möchte.
Ich erlebe immer wieder Prozesse, in denen das rationale Verstehen der Dinge nicht zwingend notwendig ist, um heiler zu werden. Es scheint sogar immer wieder hilfreich zu sein sich darin zu beüben nicht verstehen zu müssen und sich dem nicht-verständlich-greifbaren anzuvertrauen. Da wir in einer eher naturwissenschaftlich-begründeten Gesellschaft aufwachsen, ist dementsprechend auch die Prägungen in dieser Form stark ausgebildet. Viele Menschen Lernen schon früh, dass Dinge sicht-, greif-, mess- und beweisbar sein müssen, dass man ihnen Vertrauen schenken kann.
Der Erfahrungsraum, den die körperorientierte Therapie anbietet, ist eine Möglichkeit sich dem weniger Greifbaren anzunähern und die Erfahrung zu sammeln, dass es ein dem Verstand übergeordnetes intelligentes Bewusstsein gibt, welches uns begleitet und liebevoll auf uns schaut. Für mich ist es das Bewusstsein des Lebens selbst, von dem wir uns als Teil erleben können, wenn wir uns ihm Stück für Stück annähern und somit auch anvertrauen.
Wenn wir innerhalb diesem Weniger-greifbarem die Erfahrung sammeln, dass der Verstand mit Ratio und Logik darin einen passenden Platz finden können, kann eine tiefere und vollkommenere Form der Verbundenheit in sich selbst und mit dem Leben entstehen. Auf den Verstand ist in der menschlichen Erfahrung vermutlich nicht zu verzichten. Allerdings mache ich die Erfahrung, dass es einen, für ihn passenderen Platz, in unserem Selbsterleben braucht, als er häufig hat. Die Aufgabe, die er in diesem großen Universum an sich gezogen hat, "das Leben zu machen und kontrollieren zu können", erscheint mir deutlich zu groß für ihn. So kann es allzu häufig passieren, dass wir gedankenversunken an den inneren Impulsen vorbeirennen und uns wieder das Schienbein stoßen während wir versuchen das Leben in festem Griff zu haben.
Der Körper ist somit der Erfahrungsraum, der unsere inneren Impulse sicht- und erlebbar macht, und über die wir in tieferen Kontakt mit dem weniger sicht- und kontrollierbaren kommen. Das kann Angst und Unsicherheit mit sich bringen, doch in der richtigen Dosierung, die bei jedem anders ist, auch die Erfahrung, dass etwas für uns unterstützend da ist, wenn wir uns trauen hinzuschauen/hinzufühlen.
Über den Körper kann die ganze Weisheit des Lebens zum Ausdruck kommen, wenn wir uns Stück für Stück trauen uns dieser anzuvertrauen. Sie ist nicht der Körper, aber sie zeigt sich über den Körper.